Widerstand und Geschichte der Kärntner Slowen:innen

Eine Veranstaltungsreihe zur österreichischen Zeitgeschichte
April – Mai 2024

Die bewegte Geschichte der Kärntner Slowen:innen wurde lange marginalisiert und bis in die Gegenwart werden ihre Anliegen aus der Öffentlichkeit verdrängt. Auch heute noch kämpfen Kärntner Slowen:innen um Sichtbarkeit, Anerkennung ihrer Sprache und ihres Beitrages im antifaschistischen Widerstand. Die Veranstaltungsreihe soll, anhand von drei Filmen, einer Gedenkwanderung sowie einer Ausstellung, der Geschichte der oft vergessenen österreichischen Minderheit sowie dem lebendigen Aktivismus gegen das Verdrängen, Raum geben.

16.04. // Di // 19:00 Uhr // Pravica naša! – Člen 7 / Artikel 7 – Unser Recht! // Dokumentarfilm, 83 min // deutsch/slowenisch mit deutschen Untertiteln // HS 11.01, Universität Graz, Anglistik Institut, Heinrichstraße 36

05.05. // So // JELKA – auf den Spuren einer Kärntner Partisanin // Wanderung, ganztägig // deutsch // Vinkl-Hof, Lepena 19, Bad Eisenkappel/Železna Kapla, Kärnten/Koroška // Anmeldung bis 21. April per Mail an alternativ@oehunigraz.at

13.05. // Mo // 19:30 Uhr // Ausstellungseröffnung “Žensko ime odpora / Der Weibliche Name des Widerstands” // Ausstellung deutsch/slowenisch // Foyer der Universitätsbibliothek, Universitätsplatz 3a //  Ausstellungsdauer: 14.05.2024 – 23.05.2024 // Öffnungszeiten: Mo-Fr 08:30-22:00 Uhr und Sa 09:00-22:00 Uhr

13.05. // Mo // 20:30 Uhr // Solidarnost ob meji / Solidarität an der Grenze // Dokumentarfilm, 20 min // deutsch/slowenisch mit englischen Untertiteln // HS 62.01, Universität Graz, UB-Gebäude, Universitätsplatz 3a

23.05. // Do // 19:00 // Uhr Verschwinden / Izginjanje // Dokumentarfilm, 99 min //  deutsch/slowenisch mit deutschen Untertiteln // HS 11.02, Universität Graz, Anglistik Institut, Heinrichstraße 36


Pravica naša! – Člen 7 / Artikel 7 – Unser Recht!

AT/SLO 2005, Dokumentarfilm, 83 min
Lautsprache deutsch/slowenisch mit deutschen Untertiteln

“Artikel 7, unser Recht!” war die zentrale Parole einer österreichweiten Solidaritätsbewegung in den 70er Jahren. 
Sie drängte auf die vollständige Umsetzung des ethnischen Gleichstellungsrechts von Minderheiten, welche der Staatsvertrag von 1955 vorsah. Mittels Aufschriftenaktionen durch Kärntner Slowen:innen schafften sie es den bis Anfang der 70er verdeckten Minderheitenkonflikt an die Öffentlichkeit zu bringen: eigenmächtig ergänzten sie Ortstafeln mit slowenischen Bezeichnungen, worauf mit gewaltsamen Krawallen durch Deutschnationale reagiert wurde. Der Film thematisiert nicht nur die konzertierte Sabotage der Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln durch Teile der deutschsprachigen Kärntner Bevölkerung, sondern hebt auch das weit verbreitete Verhältnis zur nationalsozialistischen Vergangenheit hervor.
Auch heute noch bringt der Kärntner Minderheitenkonflikt ungelöste Fragen mit sich. Korschil und Simmler geben dem wenig bekannten Kapitel österreichischer Zeitgeschichte eine Stimme, untermauern das mit gezeigten Archivmatereialien und rufen so das Vergessene wieder ins Bewusstsein. 

“JELKA – auf den Spuren einer Kärntner Partisanin” mit Markus Gönitzer und Zdravko Haderlap

zeithistorisch-literarische Wanderung, ganztägig
deutsche Lautsprache

Die am Vinklhof aufgewachsene Helene Kuchar-Haderlap schloss sich unter dem Decknamen „JELKA“ (Tanne) im zweiten Weltkrieg dem Widerstand an und erlebte am eigenen Leib den Terror der Gestapo. Als andere sich nach dem Krieg enttäuscht zurückzogen, kämpfte sie weiter. Heute steht ihr Partisanenname für Zivilcourage, Gewitztheit, Beharrlichkeit und Schlauheit sowie für den alltäglichen Kampf um eine gerechtere Welt und Freiheit. Die Band „Schmetterlinge“ widmete „JELKA“ in den 1970er Jahren den Song „Drei rote Pfiffe“. „JELKA“ ist heute zur Symbolfigur der jungen Generation im deutsch- , slowenisch- und französischsprachigen Kulturraum aufgestiegen. Die Wanderung zitiert Orte und Worte und zeigt Originalschauplätze und Lebensorte der außergewöhnlichen Frau.

Die Wanderung endet am Peršmanhof, dem ehemaligen Wohnort der Familie Sadovnik und Schauplatz eines der letzten nationalsozialistischen Kriegsverbrechen. Dort betreut der Društvo/Verein Peršman ein Museum, das anschließend an die Wanderung besucht werden kann.

Museum https://www.persman.at/

Die An- und Abreise erfolgt in Fahrgemeinschaften, die wir Teilnehmer:innen uns gemeinsam organisieren. Abfahrt in Graz pünktlich um 7:30. Die Wanderung beginnt um 9:30 beim Vinkl-Hof und dauert ca. 6 Stunden.

ANMELDUNG bis 21. April per mail an alternativ@oehunigraz.at


Žensko ime odpora / Der Weibliche Name des Widerstands

Eröffnung in deutscher Lautsprache

Ausstellung in slowenischer/deutscher Schwarzschrift

Im März vor 80 Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg, konstituierte sich in Eisenkappel/Železna Kapla die slowenische Antifaschistische Frauenfront (Antifašistična fronta žena) auch in Kärnten. Das war ein bedeutendes Ereignis sowohl für den Widerstand gegen das Nazi-Regime als auch ein nachhaltiger Impuls für die slowenische Frauenbewegung in dieser Region.

Während in den anderen von Deutschland besetzten Ländern der Widerstand gegen die Nazis vielfach von national gesinnten Menschen getragen wurde, fehlte dieses Motiv im deutschsprechenden Österreich vorerst weitgehend. Die Nazi-GegnerInnen aus unterschiedlichen politischen und weltanschaulichen Lagern – KommunistInnen, SozialdemokratInnen, Bürgerliche und religiös Motivierte – hatten es mit begeisterten SympathisantInnen und einer feindlichen, von DenunziantInnen und fanatischen AnhängerInnen des Regimes geprägten Bevölkerung zu tun. Ganz anders war die Situation im slowenischsprechenden Teil Kärntens. Nach der Besetzung Österreichs und nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien im April 1941 wurden die Repressionen gegen Angehörige der slowenischen Volksgruppe in Kärnten verstärkt. Im April 1942 wurden tausend von ihnen ins deutsche Reich deportiert, weil sie dem Ziel der Germanisierung der Region im Wege standen. Das befeuerte den Widerstand der slowenischen Bevölkerung und führte zur Organisierung der Befreiungsfront (Osvobodilna Fronta, OF) auch in Südkärnten. Die Kärntner slowenischen Frauen gründeten im März 1943 den ersten Ortsausschuss der Antifaschistischen Frauenfront in Kärnten, kämpften gegen das Nazi-Regime, für ihr Überleben und ihre Rechte als Frauen.

Die zweisprachig gehaltene Ausstellung versteht sich auch als Hinweis darauf, dass die Erforschung und die Einbeziehung des weiblichen Widerstands in die offizielle Erinnerungspolitik und Forschung weit hinter den Bemühungen nichtstaatlicher Organisationen sowie einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zurückbleibt.

Kuratorinnen und Autorinnen:
Elisabeth Holzinger | Politikwissenschafterin
Gerti Malle | Kulturwissenschaftlerin
Vida Obid | Kultur- und Bildungsarbeiterin
Sissi Rausch | Pädagogin und Textarbeiterin
Helena Verdel | Publizistin und Autorin, Glej, ta svet je tudi zate

Der Ausstellungstitel stammt von Marie-Thérèse Kerschbaumer: Der weibliche Name des Widerstands. Sieben Berichte. Erstausgabe Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1986.


Solidarnost ob meji / Solidarität an der Grenze

AT 2022, Dokumentarfilm, 20 min
Lautsprache deutsch/slowenisch mit englischen Untertiteln

Der 2011 verstorbene Literat Janko Messner gilt nicht nur als Wegbereiter des Kärtner-Slowenischen Films und Theaters, sondern prägte darüber hinaus auch etwas, das vermutlich am besten als eine „Grammatik des Widerstandes“ bezeichnet werden kann. Seine Arbeiten umfassen nicht nur literarische, sondern auch journalistische, politische und essayis tische Texte sowie Drehbücher, Übersetzungen oder Briefe.

Themen wie Faschismus, Nazismus, die Deportationen der Kärntner Slowenen und Sloweninnen und der Kampf um ihre Rechte im Nachkriegsösterreich sind die bestimmenden Stoffe, die sich durch Messners Werk und durch seine Nachlassmaterialien ziehen. Janko Messners Nachlass wurde mittlerweile ins Robert Musil-Institut für Literaturforschung / Kärntner Literaturarchiv überführt. Elena Messner, Dana Rausch und Tobias Zarfl nehmen diesen offiziellen Einzug Messners ins kulturelle Gedächtnis, zum Anlass, mit Expert*innen über Leben und Werk des Kärntner Slowenen zu sprechen sowie dessen Rolle als sowohl Heimat- wie Antiheimatschriftsteller auszuloten.

 


Verschwinden / Izginjanje

AT/SLO 2022, Dokumentarfilm, 99 min
Lautsprache deutsch/slowenisch mit deutschen Untertiteln
Der Dokumentarfilm  “Verschwinden / Izginjanje”  von Andrina Mračnikar, beleuchtet ein Kapitel der Geschichte der Kärntner Slowen:innen. Er erzählt von dem Schrumpfen der Zahl Slowenischsprachiger zu einer immer kleineren Minderheit. Der Film stellt die Fragen: Was passiert, wenn einem die Muttersprache im Alltag genommen wird? Was geschieht, wenn Menschen in ihrer Identität von klein auf diskriminiert werden? Was muss die Politik tun, um dem Verschwinden einer Sprache, deren Schutz in der Verfassung festgeschrieben ist, entgegenzuwirken? 
Basierend auf den Erinnerungen ihrer Familie und historische Analysen zeigt sie die politischen Versäumnisse und Diskriminierungen auf, denen die slowenische Minderheit seit einem Jahrhundert ausgesetzt ist. Sie begibt sich auf eine Reise durch hundert Jahre österreichische Geschichte in Kärnten, die von politischen Versäumnissen gezeichnet ist und die verpasste Möglichkeit zeigt, das Slowenische als unverzichtbaren Teil Österreichs zu würdigen. 
Ihr Film ist ein wichtiges Zeugnis für kulturelle Vielfalt und ein Aufruf gegen das Vergessen. Er zeigt die Auswirkungen von politischer Unterdrückung und kulturellem Verlust auf das Leben und die Identität der Kärntner Slowen:innen.